Stephanie Isenberg, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende
im Interview beim DTV über den Kanutourimus in Deutschland

Ob mit Kajak, Canadier oder dem SUP-Board: Paddeln ist beliebt und trägt in vielen Regionen zur wirtschaftlichen Entwicklung bei. Um einen nachhaltigen und qualitätsbewussten Kanutourismus zu fördern haben der Bundesverband Kanu und der DTV bereits vor zehn Jahren das „Qualitätsmanagement Wassertourismus (QMW Kanu)“ ins Leben gerufen. Knapp 30 Prozent der professionellen Kanubetriebe in Deutschland sind zertifiziert.

Frau Isenberg, wie entwickelt sich die Nachfrage im Kanutourismus?
Der Trend zum Wassersport ist ungebrochen. Wir gehen im Moment von 2,6 Millionen Kanuten in Deutschland aus, die zumindest gelegentlich aufs Wasser gehen. Unter anderem hat der Trend zum Stand-Up-Paddleboard der letzten Jahre der Gesamtmenge der Freizeitpaddler sicher noch einmal Aufschwung gegeben. Unsere neue Grundlagenuntersuchung wird in Kürze aktuelle Zahlen liefern. Die Zahl der Betriebe hingegen ist leicht rückläufig, die Betriebsgrößen nehmen aber zu. Insgesamt lässt sich eine anhaltende Professionalisierung der Branche beobachten. Die Stimmung ist trotz der unterschiedlichen Krisen recht gut.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen?
Rund ein Drittel der kanutouristischen Betriebe sehen den Klimawandel als aktuell größte Herausforderung an. Die Schwierigkeiten sind mannigfaltig: Hochwasserereignisse wie zuletzt in Bayern und Baden-Württemberg, unsichere Wetterlagen und Gewitterfronten mit Starkregenereignissen. Nicht zu vergessen die langen Dürre- und in der Folge Niedrigwasserperioden, die die Befahrbarkeit der Flüsse teilweise unmöglich machen. Die Betriebe stellt es vor große Probleme, sich so kurzfristig auf die unterschiedlichen Wetterphänomene einzustellen. Eine langfristige Planbarkeit der Saison ist so gut wie gar nicht mehr möglich. Hier sind die Betriebe am besten aufgestellt, die ein breites Angebotsspektrum haben und ihren Fokus auf unterschiedliche Zielgruppen legen.

Für ein Drittel der Betriebe stellen der Fachkräftemangel beziehungsweise personelle Engpässe eine große Schwierigkeit dar. 25 Prozent der Betriebe sehen die steigenden Kosten durch Inflation und Energiekrise als große Herausforderung.

Was plant Ihr Verband für die Zukunft?
Wir gehen mit unserer Zertifizierung QMW Kanu inzwischen in das zehnte Jahr. Ganz aktuell wurde der Kriterienkatalog noch einmal angepasst und die Qualitätsentwicklung der Betriebe stärker in den Fokus genommen. Die Rückmeldungen der zertifizierten Betriebe sind durchweg positiv. Neben dem Fragenkatalog, der abgearbeitet wird, finden regelmäßige Audits vor Ort statt. So bekommt der Betrieb eine externe, professionelle Rückmeldung zum Betriebsalltag, die von allen als hilfreich und wertvoll erachtet wird.
Darüber hinaus starten wir gerade unsere Pilotprojekte zur Zertifizierung deutscher Kanuwanderwege. Kanutourismus ist auf eine funktionierende und kundenorientierte Infrastruktur angewiesen und an rechtliche Rahmenbedingungen gebunden. Geeignete Gewässer müssen möglichst uneingeschränkt befahrbar sowie wassernahes Übernachten legal möglich sein. Deshalb setzt das neue Projekt den Fokus auf die Infrastruktur auf und am Wasser. Wir hoffen, dass wir in allen Regionen Deutschlands viel Unterstützung und Interesse erfahren.